Montag , 6 Januar 2025
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Ich habe Dir geschrieben, Schatz! Ehrlich!


Es ist jedes Jahr das gleiche: Man freut sich aufs Wegfahren und dann in weiter Ferne will man schnell davon berichten wie toll es im Urlaub ist bzw will Eltern davon in Kenntnis setzen, dass alles in Ordnung ist.

In der heutigen Zeit ist das alles kein Problem. Es gibt nahezu weltumspannend Internetzugang via Mobil-Telefonie und damit bleibt man ‚around the world‘ erreichbar. Selbst in Südgeorgien konnte man sich über den Satelliten ins Mobilnetz einwählen und SMS-Weihnachtsgrüße schicken. Diese waren mit 1,5 Euro zwar nicht sehr billig, aber angesichts dieser epischen Entfernung dann doch wieder.

In meiner Generation war die weltweite Kommunikation aber viele Jahre lang eher schwierig. Ansichtskartengrüße brauchten auch ihre Zeit – wobei interessanterweise der Postlauf aus verschiedenen Überseeländern heute deutlich langsamer ist, als vor 20 Jahren. Natürlich waren Postkarten – vor allem aus exotischen Ländern – ein Hit. Damit konnte man sich viele Freunde machen.

Gerne erinnere ich mich an die fünf von mir aufgegeben Karten in der Karibk im Vorjahr, die insgesamt fast 6 Monate brauchten – interessantes Detail am Rande: der Poststempel wurde erst fünf Monate später darauf angebracht. Wahrscheinlich war das so ein Postkasten wie der, den ich hier abgebildet habe. Den fand ich auf einer winzigen Insel auf der Ostküste Malaysias.

Postkasten

Gib mir Futter bitte! Ob die Post je ankommen wird……

Was aber aus sehr vielen Ländern auch ein zum Teil haarsträubendes Unterfangen war, waren Anrufe von öffentlichen Telefonzellen. Ich erinnere mich einmal an einen Anruf von Schottland nach Österreich mit einer Handvoll Münzen und diesem unendlich gierigen Automaten, der ständig gefüttert werden wollte.

Ähnlich Schreckliches widerfuhr mir auch in einer Telefonzelle irgendwo in Nord-Kalifornien in den späten 1980er Jahren. Nachdem ich für zehn Dollar Kleingeld gewechselt hatte, hob ich den Hörer ab und der Operator sagte mir dann, dass ich irgendeine Summe Geldes einwerfen müsse. Ich tat wie verlangt und dann wurde ich tatsächlich verbunden. Nach einer Minute unterbrach der Operator das Gespräch wieder und forderte erneut Geld. Als ich dann mit dem Gespräch nach 3,5 Minuten fertig war, wollte der Operator noch einmal Geld. Da ging ich dann einfach. Noch komplizierter – und vor allem extrem teuer – waren Ferngespräche aus der Südsee in Zeiten bevor es Mobiltelefon-Netze gab.

Mit dem Aufkommen der Telefonwertkartensysteme wurden die Ferngespräche etwas einfacher und vor allem preislich überschaubarer. Aber funktioniert haben jene Geräte, in die man diese Magnetkarte stecken musste, in den tropischen Ländern nicht lange. Ich erinnere mich daran, dass ich auf der Insel Abaiang – einer Insel in Kiribati – eine solche Wertkarte gekauft habe und das Telefon hoffnungslos kaputt war. In Tarawa, dem Hauptatoll, konnte ich das Ding schließlich leertelefonieren. Klüger war man auf den Cook Inseln, wo man pre-paid-cards bekam, mit denen man sich von jedem Telefon aus zum Nulltarif einwählen konnte. Der Operator meldete sich dann auch, wenn das Guthaben gegen Null ging. Das Gespräch schnappte allerdings dann recht abrupt ab.

Fakarava-Phone-Booth

Der schönste Telefonzellenstandort der Welt: Fakarava, Tuamotus, Frz. Polynesien

Dann kam eine Zeit, in der man sich in den Internet-Cafes traf und auf abgescheuerten dreckigen Tastaturen Emails hin und her schickte. Ich erinnere mich an diverse solcher „Etablissements“ in Thailand, in Samoa, in Tonga oder auch in Fiji – in denen ich stundenlang saß, Kaffee oder Cola trank und mit der Welt verbunden war. Neben mir spielten Kinder irgendwelche Computerspiele oder andere Reisende taten das gleiche wie ich. Diese Internet-Meetingpoints sind recht rasch verschwunden, denn der Siegeszug der internettauglichen Handys und der extrem rasche Ausbau der Netze, machten das alles obsolet. In einigen Ländern gibt es sie noch, weil man dort unter anderem auch als Nicht-Computer-Besitzer Sachen schreiben und ausdrucken kann.

Dennoch hat die Mobiltelefonie alles total verändert. Ihr Siegeszug um den Globus war nicht aufzuhalten und erfasste auch nach und nach die entlegensten Regionen des Planeten. Heute ist man wieder alleine im Hotelzimmer und tippt und wischt auf seinem „Kasterl“ herum. In diesem Zusammenhang fällt mir diese Geschichte ein:  Ein Anruf von einem öffentlichen Telefon – ohne Kabine – von einem Busbahnhof aus Ostanatolien zu meinen Eltern nach Österreich anno 1984: Im Halbkreis standen Beobachter um mich herum und starrten mich mit tellergroßen Augen und offenem Mund an ohne auch nur das Geringste zu verstehen, was ich sagte. Stumm gafften sie, bis ich  mit meinem Gespräch fertig war. Dann ging jeder wieder seines Weges.

Die globale Kommunikation ist nichts mehr Besonderes. Sie ist alltäglich geworden. Sie gehört zum modernen Menschen so dazu wie die Bankomatkarte. Umgekehrt konnte man beim Besuch des Pinguin-Postamtes in der britischen Antarktisstation Port Lockroy wieder jene Freude an der „Old Fashioned Postcard“ sehen, die es schon einmal vor Jahrzehnten gegeben hat. Man durfte dort den großen Pinguinstempel sogar selbst auf seine Karte drucken. Da konnte die exotische Ansichtskarte einen kurzen Triumph feiern, denn dort war sie plötzlich hip – und zufälligerweise gab es dort auch ausnahmweise kein Handy-Netz.

 






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