Ich wollte schon immer in die Südsee. Seit ich ein Kind war. Ich dachte mir damals, dass Menschen, die immer in warmen Regionen leben, einfach entspannter sein müssen. Ich hatte schon als Kind immer kalte Füße. Und, in der Südsee, so dachte ich, würden die Menschen nie kalte Füsse und daher ein großes Problem weniger haben. Außerdem wußte ich, dass es dort Kokospalmen gibt, die ich immer gerne zeichnete. Kokospalmen sind schlank, elegant und schön und sie schaukeln so lustig, wenn der Wind bläst. Außerdem mochte ich Kokosnüsse – zumindest die, die ich kannte. Und exotische Früchte mochte ich auch. Die würden da ja wohl auch wachsen, dachte ich. Und die Menschen essen sicher Fisch, weil sie ja von Meer umgeben, leicht Fische fangen konnten. Ich mag Fisch auch, außer Karpfen. Aber Karpfen gibt es in der Südsee nicht. Da war ich mir ziemlich sicher. Es gibt aber noch viele andere Dinge in der Südsee, die ich mir damals gar nicht vorstellen konnte.
Februar 1997: Die erste Reise
Es sollten 34 Jahre meines Lebens vergehen, ehe ich das erste Mal dorthin fahren konnte. Der Weg führte von Wien über Frankfurt nach Los Angeles und dann weiter nach Rarotonga, der Hauptinsel der Cook Islands. Heute – 17 Jahre später – öffne ich mein damaliges Reisetagebuch und lese, was ich schrieb. Am 2. Tag – nach 23 Stunden reiner Flugzeit – steht hier: „Seit so vielen Jahren will ich in die Südsee und jetzt bin ich endlich da. Ich kann es kaum erwarten auszusteigen und die feuchtschwüle Luft einzuatmen. Es ist grandios. Gleich von Anfang an. Zeit spielt ab jetzt keine Rolle mehr. Im Flughafengebäude singt der Sänger, den sie angekündigt haben. Um zehn vor sieben ist er auch noch nicht ganz fit. Wir sind die letzten Einreisenden am Schalter. Das Tempo ist klimatisch angepasst langsam.(…) Ich schaukle beim Gehen. Das ist natürlich auch eine Folge des Jetlag und der elendslangen Reise. Als ich in eine Papiergeschäft gehe, um mir einen Notizblock zu kaufen, den ich vergessen habe, fragt mich die Verkäuferin: „Wer kommt denn hier zur Türe herein?“ Ich lache sie an. Sie antwortet:“I love your laugh.“ Daraufhin sage ich: „I’m like an angel walking on air. I just arrived here.“ Die nette Frau namens Shona wurde eine meiner besten Freundinnen auf den Cook Inseln – und ist es bis heute geblieben. Die Erinnerungen an diese ersten Begebenheiten sind immer noch sehr frisch. Es waren Tage der vollständigen Glückseligkeit. Sie fühlten sich so an, als wäre ich schon einmal hier gewesen. So viele Dinge waren mir total vertraut. Die stärkste Emotion empfand ich beim CICC (Cook Islands Christian Church)-Gottesdienst in Avarua. Als die Frauen und Männer zu singen begannen, musste ich weinen. Ich weiß nicht genau, was mich an diesen Call-Response-Gesängen so sehr berührt hat, dass ich so heftig reagierte. Es schien, als wäre mir das alles so bekannt, allerdings ohne mich daran erinnern zu können, wann ich es zuvor gehört hatte.
Das Paradies für sich: Aitutaki
Shona hat mir nahegelegt, nach Aitutaki zu fliegen. Sie sagte, Aitutaki wäre wie Rarotonga vor 15 Jahren. Und sie sollte Recht behalten. Alleine schon der Anflug – damals mit der 12 sitzigen Bandeirante – war atemberaubend. Nie zuvor habe ich eine solche Landschaft gesehen – ein Band kleiner Inselchen entlang eines tiefblauen Ozeans – dazwischen weiße Strände und eine in sämtlichen Blau- und Türkistönen schimmernde Lagune. Aitutaki ist eine andere Dimension. Ein Schritt in eine Ära, in der der Puls der Zeit langsamer schlägt. Das ist auch heute noch so – vor allem dann, wenn man Zeit mit Einheimischen verbringt. Aitutaki ist ein Wunderland, ein Platz, aus dem Geschichten entstehen und frisches Leben bekommen. Es ist urtümlich, ruhig und auf der Hauptstraße gibt es kaum Autos und nur sehr wenige Touristen (zumindest war das im Feber 1997 noch so). Es ist leicht mit Einheimischen ein Gespräch zu beginnen, denn die Menschen sind freundlich, offen und interessiert. Allerdings sollte man sich – wenn es um Einheimische geht – vorsehen, keine falschen Tatsachen kundzutun, denn ‚Coconut Wireless’ –wie man Inseltratsch hier nennt – funktioniert hervorragend, schnell und flächendeckend.
Die größte Sensation Aitutakis ist die Lagune. Wie ein riesiger See liegt sie umrandet von den kleinen Inselchen da. An manchen Stellen kann man die Riffkante zum offenen Meer nicht ausmachen. Man sieht nur die gewaltigen Wellen, die am Horizont gegen die scheinbar unsichtbare Barriere donnern und dort brechen. Auch das Farbenspiel der Lagune hat mich begeistert. In den vier Malen, in denen ich in Aitutaki war, war sie jedesmal anders. Beim ersten Besuch dominerten die Blautöne, beim zweiten mischte sich ein leichtes Gelb hinzu. Ein anderes Mal erschien sie in tiefem Türkis und stand mit dem aufziehenden Gewitterwolken in starken Kontrast.
Willkommen-Sein und Willkommen-Werden
Ich habe Auntie Kay beim zweiten Besuch am Markt in Aitutakis Hauptort Arutanga kennengelernt. Sie sagte: „Wenn du das nächste Mal kommst, kannst du bei mir übernachten.“ Sie hatte ein kleines Holzhäuschen in der Nähe des Marktes. Ich nahm die Einladung an und kam mit Sack und Pack zu ihr. „Ich bleibe eine Woche“, sagte ich. „Kein Problem“, meinte sie. „Ich bin ohnehin meistens da, und wenn nicht, findest du den Schlüssel im Blumentopf vor dem Haus“, erklärte sie. Ich organisierte mir ein Fahrrad und zog damit um die Insel. Ganz wichtig war Auntie Kay die Frage meines Glaubens. „In welche Kirche gehst du“, fragte sie. Ich entschied mich für die CICC, weil ich die Gesänge dort so sehr mochte. Außerdem muss ich zugeben, dass mich die Tatsache des nur ein bis eineinhalb Stunden langen Church-Service ebenso dazu animiert hatten, mich für diese Kongregation zu entscheiden. Die Katholiken waren übrigens auch recht flott beim Gottesdienst, während die Sieben-Tages-Adventisten am Samstag acht Stunden lang in ihrer Kirche verbrachten. Das war mir eindeutig zu lang. Das sagte ich Auntie aber nicht. Diskussionen um die Glaubensrichtung gab es dann ohnehin keine mehr. Mir war bekannt, dass Menschen hier sehr schnell die Kirche wechselten, wenn ihnen irgendetwas nicht passte – egal ob das der Pfarrer war oder seine Predigt. Ich genoss den Aufenthalt bei Auntie Kay sehr. Eines Tages kam ich von meinem Ausflug zurück und fand die Tür verschlossen vor. Der Schlüssel war allerdings nicht im Blumentopf. Also versuchte ich erneut, die Türe zu öffnen und sie ging tatsächlich einen Spaltbreit auf. Dann probierte ich es nocheinmal mit etwas mehr Schwung. Ich hörte hinter der Türe menschliche Geräusche, die nicht zuordenbar waren. Schließlich wurde die Türe von innen geöffnet. Auntie Kay stand in voller Größe vor mir. „Ich wurde beim Kochen plötzlich so müde und musste mich sofort auf dem Fussboden legen. Bis zum Bett hätte ich es nicht mehr geschafft“, erklärte sie den Umstand. Mit ihren ausgestreckten Beinen versperrte sie die Eingangstüre. Ich hatte sie unsanft geweckt, in dem ich mit der Türe gegen ihre Füße trat. Mir gefiel die Spontanität ihrer plötzlichen Ruhepause.
Am Ende meines Aufenthalts wollte ich mich für ihre Gastfreundschaft revanchieren und fragte sie, wohin ich sie zum Essen ausführen könnte. Sie sagte, dass sie gerne ins Resort gehen wolle, weil es dort einmal die Woche ein Abendbuffet gibt und anschließend „Island Night“ mit Musik und Tanz. Für diesen Abend hatte sie sich richtig schön gemacht, das bunteste Kleid angezogen und sich eine Blume ins Haar gesteckt. Wir fuhren gemeinsam mit ihrem Moped dorthin. Als wir dort ankamen, präsentierte sie mich voller Stolz vor der Belegschaft – die sie natürlich kannte, weil auf einer 2.000 Einwohner-Insel jeder jeden kennt. „Das ist der Wolfgang aus Österreich. Er ist Journalist und er lädt mich heute ein.“ Den Spruch ließ sie bei jedem Angestellten, der vobeikam, herunter. Dann begann die ‚Schlacht am kalten, am warmen und am Dessert-Buffet’. Dazu trank die strikte Antialkoholikerin mehrere dosen Fanta und Sprite. Nach gut eineinhalb Stunden war nach gewaltigen Stücken Torte und Kuchen Schluss. Sie nahm die Serviette und legte sie mit den Worten „I am full, we can go now“ auf den Tisch. „Die Musik und die Tanzerei kennst du ohnehin schon“, sagte sie beim Aufbruch.
Als Wiederholungsgast in der Südsee
Vier Mal habe ich die Cook Islands bisher besucht. Zusammengerechnet habe ich etwa acht Wochen auf den verschiedenen südlichen Cook Inseln verbracht. Unzählige Geschichten habe ich darüber geschrieben, viele davon nicht veröffentlicht, sondern nur meine Reisetagebücher damit gefüttert. Ganz habe ich noch nicht herausgefunden, warum ich mich in dieser Region so sehr verbunden fühle. Die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen haben mich jedenfalls immer sehr glücklich gemacht und die Vielzahl der Begegnungen hat mich bereichert. Während meiner 100-tägigen Pazifik-Reise 2001 gab es auch das Angebot auf der Insel Atiu zu bleiben, zu arbeiten und mir eine neue Existenz aufzubauen. Letztlich wollte ich das aber nicht, denn in diesem Leben wurde ich als Mitteleuropäer geboren und sehe meinen Lebensmittelpunkt im Herzen Europas, obwohl es mir hier manchmal ganz fürchterlich auf die Nerven geht. Doch habe ich von diesen lebensverändernden Reisen eines mitgenommen: die Lust auf das Geschichtenerzählen. Es ist kein Wunder, dass mein erstes (bisher nicht veröffentlichtes) Buch ‚Suephin & Taitai‘ ausgerechnet in Aitutaki beginnt, wo ich als Sohn des Ariki (Häuptlings) geboren wurde und eine kurzhaarige blonde Frau aus England mich zufällig besucht. Wie die Geschichte weitergeht, verrate ich hier nicht, dass sie vom Reisen, Erleben, Fühlen und Entdecken handelt, ist aber klar – und dass Sehnsucht eine Rolle spielt auch.
Meitaki ma’ata (Danke) Shona Pitt, Auntie Kay, Trevor Pitt, Keren Aviu, Tania & Lexie Mataimi, Sandy Noelani, Suephin, Lady Sue from Lovingston and the Cook Islands Tourism Staff plus many more helping hands!
Weitere Informationen: http://www.cookislands.travel/aut
Mein Tipp:
Südseeflair auf den Cook Islands – Flyer Südsee
16 Tage / 12 Nächte ab Rarotonga bis Aitutaki
Linienflüge mit Air New Zealand und British Airways ab/bis Wien (inkl. Taxen)
6 Übernachtung im 3* Palm Grove Lodges Rarotonga
6 Übernachtung im 4* Etu Moana Beach Villas, Aitutaki
Inlandsflüge Rarotonga – Aitutaki -Rarotonga
Transfers Flughafen – Hotel – Flughafen auf Rarotonga und Aitutaki
Ab 3.498 € p. P.
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