Es gibt manche Reiseziele, bei denen ich vor lauter Vorfreude an die Decke meiner Altbau-Wohnung springen könnte. Das Erreichen dieser Ziele ist fast ein wenig irreal – und bis zu dem Augenblick, da ich das Flugzeug oder Schiff dorthin besteige, glaube ich es immer noch nicht, dass ich wirklich dorthin fahre oder fliege. Das war auf den Falkland Inseln der Fall und ebenso bei der Christmas Island.
Ich will dort seit ewigen Zeiten hin – aber irgendwie schien diese Destination einfach unerreichbar – weil die Insel auch so wirklich entlegen ist: Perth (West-Australien) liegt rund 2.600 km südöstlich des knapp 150 qkm großen Inselchens – Java allerdings nur 360 km nördlich. Seit 1957/58 gehört die Insel zu Australien, nach dem sie die Australieer von Singapur gekauft hatte. Eine indigene Bevölkerung gab es hier nie – ihren Namen erhielt sie vom Seefahrer Captain William Mynors von der East India Ship Company, der am Weihnachtstag 1643 an der Insel vorbei fuhr – allerdings nicht landete. Für die Insel war es ein großes Glück, dass sie so lange nicht besiedelt war, denn nur so konnte die einzigartige Umwelt erhalten werden.
Ich hatte einen Job in Singapur – für ganze 5 Tage – wollte allerdings wesentlich länger bleiben, weil mich diese langen Flugstrecken ziemlich mitnehmen. Also plante ich ein Rahmenprogramm um Singapur….und blieb zunächst bei der Idee nach Osttimor zu fliegen. Es sollte eine exotische Destination werden – nicht Bali oder etwas ohnehin Bekanntes, sondern eine selten bereiste Region. Ich hatte mir die Landkarte der Region lange angesehen. Osttimor fiel dann wegen der extrem hohen Reisekosten ab Singapur weg….nach Australien wollte ich nicht, weil mir das auch zu weit war….und dann sah ich die Christmas Island und fand heraus, dass es auch von Jakarta einen regelmäßigen Flug dorthin gab. Und so wurde dieser Plan Wirklichkeit. Ich erhielt Unterstützung vom Tourism Board und so stand dem ganzen Unterfangen nichts mehr im Wege.
Ein Kontakt mit der Insel
Als ich mit dem Tourism Board über meine Reise diskutierte, gestand ich auch, dass ich auf der Insel in den späten 1970-er Jahren eine Brieffreundin hatte. Und als ich ihren Namen nannte, war alles ganz plötzlich anders. Hinter meinem Rücken erfuhr Sania über das Fremdenverkehrsamt, dass ich eine Woche lang auf der Insel sein würde. Sie schrieb mich via Email an und sagte, dass sie es kaum glauben könne, dass wir uns nach all den Jahren persönlich kennenlernen würden. Schließlich haben wir uns 2002 das letzte Mal geschrieben.
Ich hatte also einen Anschluss und wurde herzlich willkommen und war ab sofort jeden Tag zum Dinner eingeladen – denn Sania ist eine grandiose Köchin. Und was sie mir nicht verriet war, dass sie bei der Australien Border Control arbeitet und mich somit am Airport empfing……mit dem obligaten Stempel. Und ich dachte mir noch als ich das Flughafengebäude betrat: „Dieser Immigration Officer kommt mir aber sehr bekannt vor.“
Millionen von Krabben und Krebsen
„Die Christmas Island kann man getrost als Galapagos Inseln des östlichen Indischen Ozeans bezeichnen“, meinte der Biologe Dr. Pete Green von der La Trobe University in Melbourne im Gespräch mit mir. Es gibt kein anderes Land der Welt, auf dem es mehr Landkrabben und Landkrebse gibt als hier. Die Rote landkrabbe ist endemisch – und zahlenmäßig auch allen anderen 23 auf der Insel vorkommenden Krustentieren stark überlegen. Geschätzte 40 Mio. Tiere leben in den Wäldern – und bis vor wenigen Jahren waren es sogar 70 Mio. Eine eingeschleppte Ameise wütet seit ein paar Jahrzehnten hier und hat ganze Landstriche Krabbenfrei gemacht. Dagegen kämpfen die Wissenschaftler nun an – allerdings nicht mehr mit Chemie, sondern mit einer Wespenart, die die Ameisenpopulation zumindest einschränken soll – denn ganz wird man den Eindringling hier wohl nicht vertreiben können.
Green hat die Roten Landkrabben eingehend studiert und ihr Verhalten untersucht. Einmal im Jahr – während der Regenzeit im November/Dezember – müssen die Krabben nämlich ihren Dschungel verlassen und die Küsten aufsuchen, denn für den Reproduktionszyklus brauchen sie immer noch das Meer. Mehr oder weniger geschlossen machen sich dann 40 Mio. Krabben auf dem kürzesten Weg zur Küste, wo sie sich paaren und die Weibchen anschließend die befruchteten Eier in den Indischen Ozean kippen. Dann gehts wieder zurück in den sicheren Dschungel.
Doch die endemischen Roten Landkrabben sind nicht die einzige Besonderheit der Insel. Auffälliger, weil viel größer, sind die Robber-Crabs (auch Coconut-Crabs genannt – oder „Palmendieb“), die größten Landkrebse der Welt. Auf der Insel konnten sich diese gewaltigen Tiere recht unbeschwert vermehren, weil hier alle unter Schutz stehen.
Auch der Palmendieb braucht für seine Vermehrung immer noch den Ozean. Auch seine Larven entwickeln sich im Meer und wandern dann erst später wieder an Land.
Insgesamt gibt es auf der Insel mehr als 20 verschiedene Krustentier-Spezies.
(Fortsetzung folgt…..)
Weitere Informationen:
Christmas Island Tourism: www.christmas.net.au/