Natürlich gehören die Kanarischen Inseln nicht zu den Regionen, die man landläufig als Geheimtipp bezeichnen kann. Eine, der von mir besuchten Kanaren hat mich aber vollends in Bann gezogen: Die Rede ist von Lanzarote, dessen Mondlandschaft mich wirklich fasziniert hat. Doch darüberhinaus wartet dieses Inselchen mit einigen Überraschungen auf. Aber lesen Sie selbst:
Lanzarote ist zwar nicht die kleinste Kanaren-Insel – aber mit einer Länge von 58 km und einer Ost-West-Ausdehnung von 34 km doch recht überschaubar. Seit 1993 ist die Insel als Biosphärenreservat der UNESCO augezeichnet. In dieser Modellregion soll nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden. Dabei geht es nicht alleine um Naturschutz, sondern um einen wesentlich breiter gefassten Begriff, der den Menschen selbst als wichtigen Bestandteil der Biosphäre sieht. Jedes ausgewiesene Biosphärenreservat hat eine Schutzfunktion, eine Entwicklungsfunktion sowie eine Forschungs- und Bildungsfunktion. Die Biosphärenreservate sind in eine naturschutzorientierte Kern-, eine am Landschaftsschutz orientierte Pflege- und eine sozioökonomisch orientierte Entwicklungszone eingeteilt.
Untrennbar verbunden mit der Ernennung Lanzarotes zu einem Biosphärenpark ist auch die wohl schillerndste Persönlichkeit Lanzarotes – der große Universalkünstler und Weitdenker César Manrique. Auf sein Engagement ist es auch zurückzuführen, dass die UNESCO Lanzarote wegen der einzigartigen Vulkanlandschaft und der Harmonie von Mensch und Umwelt zu diesem Reservat machte – übrigens ein Jahr nach dem Tod des damals 73-jährigen Künstlers bei einem tragischen Verkehrsunfall nur unweit seiner Residenz in Tahíche.
Manrique setzte sich dafür ein, nachhaltig zu bauen sowie Tourismus und Umwelt auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Von gierigen Bodenspekulanten wurde er, der Visionär, angefeindet. Die Bausünden an der spanischen Mittelmeerküste müssen für ihn wohl die schlimmste Horrorvision gewesen sein, die er auf seiner Heimatinsel unter allen Umständen verhindern wollte. Mit der Unterstützung der Inselregierung, gelang es ihm trotz Widerstandes einiges durchzusetzen, was die Insel Lanzarote heute noch auszeichnet: Das Fehlen von Hochhäusern. Bis auf wenige Ausnahmen darf kein Gebäude höher sein als eine kanarische Dattelpalme.
Zudem setzte sich der Künstler für eine Vereinheitlichung der Bauten – mit weißen Fassaden, grünen Fensterläden und grünen Türen ein. Somit wurde einem Wildwuchs an Bauten der Riegel vorgeschoben. Das, was Manrique aber bis zur Vollendung beherrschte, haben nur wenige wirklich nachahmen können: Gebäude, die sich optimal in die spektakuläre Vulkanlandschaft einfügen. Einige der Beispiele kann man als Tourist heute besuchen –und spätestens nach einem solchen Besuch, versteht man die Ideen dieses großartigen Künstlers (der übrigens NIE Architekt war).
Die Insel des Feuers: Der Nationalpark Timanfaya
Lanzarote, das nur knapp 140 km vor der marokkanischen Küste liegt, ist vulkanischen Ursprungs und hat eine lange Geschichte von zahlreichen zum Teil auch heftigen Ausbrüchen. Fast drei Viertel der 850 km2 großen Insel sind mit Lava bedeckt. Rund 300 Krater von 100 Vulkanen prägen dieses Bild.
Wenn man das erste Mal in Lanzarote ist, glaubt man tatsächlich, man ist auf dem Mond gelandet. Besonders beeindruckend ist ein Besuch im Parque Nacional de Timanfaya. Hier bei den Montañas del Fuego (Feuerbergen) wird einem klar, dass die vulkanische Aktivität immer noch im Gang ist. Dazu gibt es einige Vorführungen, wo kochend heißes Wasser aus dem Erdinneren hervorschießt.
Der Besuch im Park lohnt sich, auch wenn die Bewegungsfreiheit im Nationalpark nur eingeschränkt möglich ist. Mit dem Autobus kann man über eine extrem steile und kurvige Straße durch den Park fahren und die seltsamen Gesteinsformationen betrachten. Der Bus fährt langsam, sodass auch das eine oder andere Foto möglich ist. Der Ausstieg ist nicht gestattet, da man unter allen Umständen verhindern will, dass der sandige Boden durch Fußtritte weiter erodiert und die karge Vegetation zerstört wird. Die konsequente Haltung in Sachen Naturerhalt ist begrüßenswert – auch wenn man gerne durch dieses Gebiet laufen würde.
Fundacion César Manrique: Auf den Spuren des Meisters
Jeder, der Lanzarote besucht, dem sei dringend angeraten, sich die Umgebung anzuschauen, denn die Insel bietet viel mehr als bloß Sonne, Strand und Meer. Ein lohnender Ausflug wäre etwa jener zur Fundacion César Manrique. Die Stiftung ist heute im Haus des Künstlers und untergebracht, das er selbst zu seinen Lebzeiten noch in ein Museum umgestaltete.
Das Besondere an diesem Gebäudekomplex ist die Tatsache, dass es auf einem erstarrten Lavastrom errichtet wurde. Sehr geschickt hat Manrique fünf großen Vulkanblasen zu einem modernen Gebäude umfunktioniert und auf dieses Fundament zwei weitere Stockwerke gesetzt, die wieder in der herkömmlichen Architektur errichtet wurden. Dabei hat Manrique Räume ineinander fließen lassen, Lichtschächte eingezogen und ein wirklich grandioses Gesamtkunstwerk geschaffen. Auch hier blieb er wieder seinem Credo treu, Architektur zu schaffen, die sich in diese Landschaft einfügt – und sie nicht dominiert.
Sehenswert ist übrigens auch der Jameos del Agua – ein unterirdischer Lavatunnel, in dem Manrique ein Kunst-, Kultur- und Tourismuszentrum errichten ließ, das die natürliche Beschaffenheit der Umgebung nutzt. So befindet sich in dieser Lavaröhre eine Grotte, in der eine seltene weiße Krebsspezies lebt, die sonst nur in der Tiefsee vorkommt. Manrique hat diese natürliche Grotte, ebenso wie die eingebrochenen Lavadecken mit ihrer Vegetation ins Gesamtkonzept des Gebäudes einfließen lassen. Herzstück der Anlage ist ein unterirdischer Konzertsaal mit 600 Sitzplätzen.
Mirador del Rio: Blick auf einen nicht-existierenden Fluss
Dass man bei so mancher auf dieser Welt errichteten Aussichtsterrasse in fast verbrecherischer Art und Weise Berge oder erhabene Punkte zerstört oder verschandelt hat, nur um ein schönes Panorama zu bieten, ist unbestrittene Tatsache. Auch hier hat Manrique etwas geschaffen, das seinesgleichen sucht: Das Mirador del Río ist ein 475 Meter hoher Aussichtspunkt im äußersten Norden der Insel, der 1974 eröffnet wurde und mittlerweile zu den bedeutendsten Werken der modernen Architektur zählt.
Der ganze Gebäudekomplex ist so in die natürliche Umgebung des Felsmassivs integriert, dass man ihn von außen fast nicht erkennt. Sensationell sind die Cafeteria mit den großflächigen Glasfronten und der beeindruckende offene Balkon über dem tiefen Abgrund. Auf rechte Winkel wurde verzichtet, alle Räume, auch der Parkplatz, die Aussichtsplattform und die Treppen sind rund. Der Blick über die Felsklippen und über die Meerenge, die fälschlicherweise Río (spanisch für Fluss) heißt, ist atemberaubend. Im Vordergrund sieht man die Insel La Graciosa. Am Fuße des Abhangs befindet sich eine der ältesten Salinen der Kanaren.
Herrliches Ambiente im Kakteengarten
Das letzte große Werk Manriques ist der nördlich der Ortschaft Guatize liegende Kakteengarten (Jardín de Cactus), der in einem aufgelassenen Steinbruch in der Form eines Amphitheaters angelegt wurde. 1990 wurde dieser Garten in dem auch eine historische Windmühle steht, eröffnet. Auch dieses Werk spricht für sich: liebevoll angeordnet, mit Stilelementen, die an einen japanischen Garten erinnern und einem Boden aus vulkanischem Sand, der den nächtlichen Tau speichert und sich so optimal für diese Art der Vegetation eignet, überzeugt auch dieses Gesamtkunstwerk. Architektonisch behutsam hat Manrique auch die Cafeteria aus Vulkangestein in dieses Gesamtensemble eingefügt. Auf dem rund 5.000 Quadratmeter großen Areal sind mehr als 1.300 Kakteenarten aus aller Welt zu sehen.
Es wird ein Wein sein……
Es wäre verwegen zu behaupten, dass das Klima Lanzarotes optimal für den Weinbau geeignet ist. Klar, die Sonne scheint oft und viel, aber die Niederschläge fallen sehr spärlich (Jahresmittel 112 mm) – und wenn dann statistisch am häufigsten im Jänner, Februar und März. Die Feuchtigkeit aus den Wolken reicht aber aus, um in den höheren Lagen Landwirtschaft in Form von Trockenfeldbau zu betreiben. Weinbauern legen unter großem Aufwand trichterförmige Vertiefungen an. Dort werden die Reben gepflanzt. So wird die meterdicke dunkle Lapillischicht (wie man die Vulkanasche nennt) nutzbar, da sie tagsüber aufheizt und nachts Feuchtigkeit aus der Luft aufsaugt.
Das ist auch die einzige Möglichkeit die spärlichen Niederschläge auszugleichen. Als positiver Nebeneffekt dringen die Wurzeln der angebauten Pflanzen (das gilt auch für andere Nutzpflanzen) in den darunter liegenden Boden, welcher dazu noch vor Erosion geschützt ist. Die angelegten Mauern schützen die Mulden gegen den Nordostpassat und das Austrocknen. La Geria – zwischen Yaiza und San Bartolomé gelegen – ist mit knapp 5.000 Hektar Anbaufläche das größte Weinbaugebiet der ganzen Kanaren.
Im Ort Masdache (bei San Bartolomé) liegt die im Jahr 1775 gegründete Bodega El Grifo, die auch die älteste der Kanaren ist (und zu den zehn ältesten Spaniens gehört). Ein kleines Weinmuseum ist angeschlossen. Da aufgrund der Anordnung der Reben eine maschinelle Ernte nicht möglich ist, müssen alle Trauben in Handarbeit geerntet werden.
Die Feuchtigkeit des Trockenfeldbaus reicht ebenfalls aus, um im Tal der 1.000 Palmen, in der Gegend um Haria, einen für Lanzarote ungewöhnlichen Anblick zu schaffen. Mit den vielen Palmen und der besonders im Frühling üppigen Vegetation findet man in diesem Tal eine „grüne Oase“ auf der ansonsten eher vegetationsarmen Insel.
Ich habe nur einige der Highlights dieser wunderbaren Insel hervorgehoben. Mich persönlich hat das Lebenswerk dieses wunderbar-kreativen César Manrique auch deswegen so beeindruckt, weil man es auf der ganzen Insel so lebendig sehen kann. Er stand eben einfach für eine qualitativ hochstehende Architektur, die nicht gegen die Natur arbeitet, sondern ein integraler Bestandteil des Gesamten ist.
Was ich bis jetzt nicht erwähnt habe ist, dass Manrique auch die Verkehrstafeln, Logos und Hinweisschilder alle selbst entworfen hat – etwa das kleine Teuflein des Timanfaya-Nationalparks. Auf den Rondos der Kreiverkehre stehen seine Skulpturen und Plastiken -etwa das Monumento del Campesino. All das macht Lanzarote zu einem Inselchen zum Verlieben.
Weitere Informationen:
Fundacion César Manrique Lanzarote (in Spanisch) http://www.fcmanrique.org
Eine umfangreiche Informationspage über Lanzarote (auch mit Bezug auf Manriques Lebenswerk) findet sich hier: http://www.turismolanzarote.com/de/museos-y-galerias/fundacion-cesar-manrique/5500 und http://www.turismolanzarote.com/de/sehenswertes
Die im Artikel erwähnte Bodega hat ebenfalls eine Website: http://www.lageria.com
Lokaltipp für alle Fisch- und Meeresfrüchte-Liebhaber:
Restaurante de Mar, Casa Rafa,
Avda Maritima, El Golfo, Yaiza
Tel. 625 104 330
Tägl. außer Montag
Mein Vorschlag:
Mein Tipp:
Die Reiseveranstalter FTI bietet eine ganze Reihe von erstklassigen Unterkünften auf Lanzarote an.
Ein Blick in den FTI-Katalog „Kanaren, Marokko, Kapverden“, lohnt sich, denn es gibt wirklich für jedermanns Geschmack eine passende Unterkunft